Ganz schön zäh!

Bild von Ryan McGuire auf Pixabay

Tatsächlich denke ich zuerst an blauen Himmel, Sonnenschein, Unkraut und eine Tasse Kaffee, wenn ich mich an den März 2020 zurückerinnere, also an die allerersten Lockdown-Wochen. Ich erinnere mich gut, wie das Wetter diesem damals noch unbekannten Virus eine lange Nase gedreht hat und uns mit frühsommerlichen Temperaturen und viel Sonnenschein beschenkt hat. In meiner Nachbarschaft wurde daher viel im Garten gewerkelt. Die Fahrradwege waren voller als die Autobahnen. Die Spielplätze wurden vorsorglich gesperrt, um Menschenansammlungen zu vermeiden.

Der März 2020 war daher nicht nur wettertechnisch eine echte Besonderheit. 

Ein Jahr später, also im März 2021, gönnt sich dieser Monat wieder ein besonderes Äußeres. Allerdings tritt er ganz anders auf als ein Jahr zuvor. Ihn kennzeichnen viele nasse und kalte Tage. Er hat sich als hartnäckiger und ausdauernder Wintermonat einen Namen gemacht, der uns immer nur kleine Frühlingsboten beschert, um uns bei Laune zu halten. Mit dieser penetranten Ausdauerfähigkeit hat er sich diesem mittlerweile besser bekannten Virus leider meisterlich angepasst. Sie merken schon: ich finde diese Situation gerade ganz schön zäh und ermüdend.

Wie zäh – dieser Gedanke durchfuhr mich diese Woche dann gleich noch einmal, aber an einer ganz anderen, an einer für mich unerwarteten Stelle. Ich ertappte mich bei diesem Gedanken, als ich in der Schule die Ostergeschichte erzählte. Am Anfang lief alles noch wie erwartet und erhofft: mit Begeisterung haben die Kinder mitgejubelt als Jesus auf einem Esel in Jerusalem eingezogen ist. Es hat nur so vor Anspannung geknistert, als ich erzählt habe, wie Jesus kurze Zeit danach von seinem Freund verraten und schließlich zum Tode verurteilt wurde. Die Betroffenheit der Kinder über die Trauer der Freunde und Freundinnen von Jesus war i zum Greifen nahe. Und ausgerechnet dann wurde es zäh. Wie immer hatte ich als Symbol für die Auferstehung Jesu eine Kerze in das leere Grab gestellt und dann rang ich nach Worten, die dem Osterwunder irgendwie gerecht werden könnten.

Ich merke, dass ich mich in diesem Jahr tatsächlich schwerer tue als sonst. Aber nicht, weil mich das vergangene Jahr an Jesu Auferstehung und der damit einhergehenden Zusage für mich persönlich irgendwie zweifeln lässt. Sondern, weil der Osterbotschaft die ganz klaren und eindeutigen Bilder fehlen. 

Das hell erleuchtete Grab Jesu vor über 2000 Jahren bedient sich nämlich der Bilder und der Erfahrungen aus unseren ganz individuellen Lebensgeschichten. Mein und dein Leben gibt dieser Botschaft Konturen und Farben.

„Ich lebe und ihr sollt auch leben.“ (Joh 14,19)

Das verspricht Jesus uns allen. Und das lässt er an Ostern, mit dem leeren, lichterfüllten Grab in Erfüllung gehen. Seitdem die Osterbotschaft mich in meinem Leben begleitet, erlebe ich, dass diese auch ganz schön ausdauernd und hartnäckig ist. Sie bietet aber besonders all dem die Stirn, das mich am Leben hartnäckig und ausdauernd hindert, also auch diesem langen, hartnäckigen Corona-Winter. Eingelöst erlebe ich das Versprechen dann, wenn ich Lebendigkeit in mir spüre, wenn ich es blühen sehe in meinem Garten, aber auch wenn ich Tatendrang und Hoffnung in den Augen meiner Mitmenschen aufblitzen sehe. Ja, da bekommt die Osterbotschaft für mich Kontur und Farbe, auch wenn es gerade zäh ist.  Dann erlebe ich, dass Jesu Worte wirklich Lebensschaffende Worte sind. 

In diesem Sinne – Bleiben auch Sie zäh und hartnäckig.

Ihre Pfarrerin Engelking